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Die paradoxe Intervention
Diese ist eine Verschreibung des Gegenteils dessen, was die MediatorIn
erreichen will. So wird die KlientIn am Mehr-Desselben gehindert. Wenn
es für eine Veränderung nötig ist, dass ein bestimmtes
Verhalten nicht mehr gezeigt wird, so wird genau dieses Verhalten verschrieben:
Machen Sie weiter so!
Paradoxe Aufgaben sind überall dort angebracht, wo sich soziale
Systeme wie Familien, Paarbeziehungen oder Unternehmen den unmittelbaren
Wegen zur Veränderung widersetzen oder wo solche wirkungslos sind.
Wo Systeme durch dysfunktionale Muster zusammengehalten werden, wird jede
Veränderung als Bedrohung der Stabilisierungsregeln empfunden. Insofern
verschreibt man genau das, was sie ohnehin machen.
Beispiel: Einem Vorgesetzten, der sich zwanghaft um seinen Mitarbeiter
kümmert, ihn also kontrolliert, wird vorgeschlagen, sich täglich
1 Stunde „Sorgezeit” zu reservieren, um die Arbeiten seines
Mitarbeiters zu tun bzw. zu kontrollieren. In der folgenden Sitzung berichtete
er, dass er das einmal gemacht hätte und dann sei es ihm zu blöd
gewesen: „Der Mitarbeiter hat doch seinen Job zu machen und ich
muss mich auf ihn verlassen können ...” Danach hat er seine
überzogenen Kontrollen auf ein normales Maß zurückgeführt.
Warum „paradoxe Interventionen” wirken
Wir gehen von einer anthropologischen Prämisse aus, nach der der Mensch autonom ist. Diese Autonomie ist gerade in unserer abendländischen Kultur egozentriert. Das heißt, dass Selbstbestimmung über Abgrenzung im Sinne von Anders-Sein läuft. Ich bin also nur dann autonom, wenn ich mich Fremdbestimmung gegenüber abgrenzen kann.
Wenn diese Grundannahme zutrifft, führt natürlich die Verschreibung von Minus zu Plus, wenn Minus die Ausgangsposition ist und umgekehrt. Und das ist ein Prinzip, das sehr häufig funktioniert. Wir werfen uns auf die andere Seite.
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In der Literatur findet sich ein wunderbares Beispiel für die Wirksamkeit einer paradoxen Intervention:
Ein älterer Herr sitzt um die Mittagszeit auf einer Bank im Park. Da kommt eine Horde junger Burschen, die ihn beschimpfen. Beim ersten Mal steigt er auf das Spiel ein, versucht die Burschen zu vertreiben, beschimpft sie ebenfalls. Am nächsten Tag das gleiche Spiel. Am dritten Tag kommt er auf eine glorreiche Idee: Er ruft die schimpfenden Burschen zu sich und lobt sie für das, was sie tun und verspricht ihnen, wenn sie am nächsten Tag wieder kommen, ihnen ein Eis zu spendieren. Jubelnd kommen die Burschen am nächsten Tag und beschimpfen den alten Mann so gut sie können. Dieser macht sein Versprechen wahr und lobt sie dafür, spendiert ihnen ein Eis und sagt: „Morgen sehen wir uns wieder, wenn ihr gut schimpft, bezahle ich euch wieder ein Eis.”
Am anderen Tag, sind die Burschen nicht mehr gekommen.
(Mark Twain)
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